Ausgangslage:
Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist erkennbar von dem Ziel geleitetet, das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen.
Rechtsgrundlage:
1.Artikel 157 Abs.l AEUV (EU-Arbeitsweisevertrag, Gleichstellung von Mann und Frau im Erwerbsleben): „Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.“
Der Art. 157 Abs.l AEUV hat zwingenden Charakter und ist von den nationalen Gerichten direkt anwendbar. Er verlangt, dass Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit das gleiche Entgelt erhalten (aus BAG, Urteil vom 21.01.2021-8 AZR 488/19).
2. 5 3 Abs.l EntgTranspG (Entgelttransparenzgesetz): „Bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ist eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten.“
2. 5 7 EntgTranspG: „Bei Beschäftigungsverhältnissen darf für gleiche oder gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts.“
- 5 22 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz): „Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in 5 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmung zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.“
- 5 1 AGG: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“
BAG, Urteil vom 16.02.2023- 8 AZR 450/21
- Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat eine Frau Anspruch auf gleiches Entgelt wie ein Mann für gleiche oder gleichwertige Arbeit. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu entschieden, dass das Beruhen der höheren Vergütung eines männlichen Kollegen auf dessen Geschlecht und damit das Vorliegen einer Diskriminierung nicht mit dem Argument widerlegt werden kann, der Mann habe das höhere Entgelt ausgehandelt, d.h. Gehaltsverhandlungen dürfen die Entgeltgleichheit von Männern und Frauen nicht aushebeln (siehe BAG , Urteil vom 16.02.2023 und zu BAG, Urteil vom 16.02.2023 Redaktion beck-aktuell, Verlag
C.H.BECK,16.Februar 2023). Das BAG führt weiter aus, dass eine unterschiedliche Bezahlung von weiblichen und männlichen Arbeitnehmern bei gleicher Arbeit die Vermutung nach 5 22 AGG begründe, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt sei (siehe BAG oben). Könne eine Arbeitnehmerin aufzeigen, dass ein männlicher Kollege, der eine gleichwertige Arbeit verrichte, mehr als sie verdiene, reiche das nach Ansicht des BAG aus, um eine Benachteiligung des Geschlechts zu vermuten. Es sei dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und zu beweisen, dass die ungleiche Bezahlung nicht auf dem Geschlecht, sondern auf anderen objektiven Kriterien beruhe(siehe BAG und Krieger, beck-online ArbRAkuell 2023,126).
2. In der obigen Entscheidung hatte das BAG der Klägerin eine rückständige Vergütung nach Art. 157 AEUV, 5 3 Abs.l und 5 7 EntgTranspG und eine angemessene Entschädigung wegen der Diskriminierung nach 5 15 Abs. 2 AGG zugesprochen.
Objektive Kriterien für ungleiches Entgelt
Als objektive Kriterien kommen in Betracht die in 5 3 Abs. 3 EntgTranspG genannten „arbeitsmarkt-, leistungs- und arbeitsergebnisbezogene(n) Kriterien“.
5 3 Abs. 3 Satz 2 EntgTranspG lautet: „Insbesondere arbeitsmarkt-, leistungs- und arbeitsergebnisbezogene Kriterien können ein unterschiedliches Entgelt rechtfertigen, sofern der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wurde.
Ein objektives Kriterium, das nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun habe, könne nach BAG beispielsweise das Dienstalter sein, mit dem die Dauer der Berufserfahrung honoriert werde.
Allerdings könne es Situationen geben, in denen der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters vom Arbeitgeber im Einzelnen erklärt und insofern sachlich gerechtfertigt werden müsse (siehe BAG, Urteil vom 21.01.2021- 8 AZR 488/19).